„Kann nicht mehr so stattfinden“Neue Geister-Kulissen drohen – keine FC-Strafe nach Masken-Wirbel

Fans des 1. FC Köln jubeln und halten ihre Schals in die Luft

Die Tribünen des Rhein-Energie-Stadions waren beim Spiel des 1. FC Köln gegen Borussia Mönchengladbach am Samstag (29. November 2021) bis auf den letzten Platz gefüllt. Wohl zum letzten Mal in diesem Jahr.

Katerstimmung nach der Derby-Party des 1. FC Köln vor 50.000 Zuschauern gegen Borussia Mönchengladbach. Der Bundesliga drohen wegen Corona neue Geisterspiele – dem FC immerhin keine Geldstrafe.

von Martin Zenge (mze)Béla Csányi (bc)

Die Geisterspiel-Sorgen in der Bundesliga werden von Tag zu Tag größer. 161.889 Zuschauer verfolgten am Wochenende die Spiele des 13. Spieltags, durchschnittlich nur noch knapp 18.000 Fans zog es in die Arenen.

Mit 50.000 Besuchern und ausverkauftem Haus beim furiosen 4:1-Derbysieg gegen Borussia Mönchengladbach war der 1. FC Köln am Samstag (27. November 2021) der große Ausreißer. In der Zweiten Liga feierten 47.000 Zuschauer auf Schalke den Heimsieg gegen Sandhausen. Und der BVB plant mit 67.000 Fans im Topspiel gegen die Bayern. Statt voller Ränge droht jetzt aber wieder die Geister-Kulisse! Das Rhein-Energie-Stadion dürfte bis auf Weiteres die letzte ausverkaufte Bundesliga-Arena gewesen sein...

1. FC Köln: Derbysieg wohl letztes Spiel vor vollem Haus

Wie geht's in Köln weiter? Die Bilder von Tausenden Fans ohne Maske trotz kurzfristig angeordneter Tragepflicht und die erneute Kritik am Pandemie-Management sind nicht spurlos an der Stadt vorübergegangen. Zunächst wurde sogar eine Untersuchung gegen den FC wegen der Umsetzung der Maskenpflicht eingeleitet.

Alles zum Thema Corona

Am Montagmittag arbeiteten Stadt und Verein in einer Videokonferenz die Abläufe von Samstag auf, Alexander Wehrle (46) nahm für den FC an den Gesprächen teil. Eine Strafe gegen den Verein ist kein Thema mehr.

Wehrle sagt zu EXPRESS.de: „Wir haben sofort die Ordnungskräfte informiert, damit sie die Fans beim Einlass über die Maskenpflicht informieren, hatten Social-Media-Aktivitäten dazu und haben es den Stadionsprecher mehrfach durchsagen lassen. Wir sind der Anordnung sofort nachgekommen. Das haben die Verantwortlichen auch so gesehen, deswegen ist nicht von einem Bußgeld auszugehen.“

Kölns Gesundheitsdezernent Harald Rau hatte bereits am Montagmorgen im ZDF-„Morgenmagazin“ seine kritische Einschätzung zum Derby geäußert: „Ich bin unglücklich darüber. Ich erwarte auch, dass wir das wirklich sehr genau bewerten – auch die Befolgung der Maskenpflicht. Und ich nehme an, dass wir zu der Entscheidung kommen werden, Land und Stadt, dass ein solches volles Spiel in der aktuellen Dynamik vorerst so nicht mehr stattfinden kann.“

Alexander Wehrle: Geisterspiele „kein gutes Signal“

Damit scheint klar: Die bis Weihnachten verbleibenden Kölner Heimspiele gegen den FC Augsburg (10. Dezember) und den VfB Stuttgart (19. Dezember) werden nicht mehr vor ausverkauftem Haus stattfinden. Noch ist allerdings völlig offen, ob mit weniger Zuschauern gespielt wird, oder, wie etwa schon am Wochenende in Leipzig, vor komplett leeren Rängen. Bislang rechnet man am Geißbockheim mit einer Reduzierung, nicht mit Geisterspielen.

„Aber ich orientiere mich gerne an Fakten, wenn sie dann auf dem Tisch liegen“, sagt Wehrle, für den Geisterspiele „kein gutes Signal“ wären. „Vorher sollte man über die Maskenpflicht und 2G-Plus diskutieren“, so der FC-Boss.

Auch wenn sich in Köln viele Zuschauer nicht an die Maskenpflicht gehalten haben: Auf Schalke hatte es diese Regelung am Freitagabend trotz ähnlicher Zuschauerzahl noch gar nicht gegeben.

Politik berät am Dienstag über neue Corona-Maßnahmen

Am Dienstag (30. November 2021) schalten sich die 16 Landeschefs, Noch-Kanzlerin Angela Merke (67) und Nachfolger Olaf Scholz (63) zum nächsten Corona-Gipfel zusammen. Anschließend dürfte auch die Bundesliga schlauer sein, denn laut der „Welt“ steht eine mögliche Zuschauerbegrenzung mit auf dem Plan.

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (46) sagt: „Wir haben die Bilder gesehen am Wochenende, auch vom Fußball. Auf der anderen Seite kommen aus anderen Bundesländern Patienten zu uns eingeflogen. Das sind Dinge, die nicht zusammen passen. Und an solche Sachen werden wir auch rangehen.“ Thomas Kutschaty (53), SPD-Fraktionschef in NRW, fordert Geisterspiele. Laut Regierungskreisen wird das Landeskabinett ebenfalls am Dienstag über mögliche Maßnahmen beraten.

Regierung in Baden-Württemberg rechnet fest mit Geisterspielen

Bei allen Bundesliga-Vereinen geht die Angst um, dass schon bald wieder traurige Geister-Kulissen das Bild auf den Tribünen prägen. Spiele komplett ohne Zuschauer seien für die Klubs „dramatisch“, sagte der Stuttgarter Vorstandschef Thomas Hitzlsperger (39) dem SWR am Sonntag (28. November 2021). Doch verhindern lassen sie sich offenbar vielerorts nicht mehr.

Die Stimmen aus der Politik, die sich wegen der noch einmal deutlich dramatischeren Corona-Lage im Land zum Handeln gezwungen sehen, mehren sich. In Baden-Württemberg etwa, wo Beschränkungen aktuell bereits nur eine Stadion-Auslastung von maximal 50 Prozent erlauben, gibt es kaum mehr Zweifel an leeren Rängen in den Bundesliga-Arenen.

„Es ist klar, dass im Profifußball Geisterspiele kommen“, sagte Regierungssprecher Arne Braun am Sonntag über angedachte weitere Verschärfungen, über die am Montag und Dienstag beraten wird. Diese würden auf Landesebene zunächst die Bundesligisten VfB Stuttgart, SC Freiburg und TSG Hoffenheim sowie die Zweitligisten Karlsruher SC, SV Sandhausen und 1. FC Heidenheim betreffen. Längst ist der Vorstoß aus dem Ländle auch bundesweit Thema.

Christian Lindner fordert weniger Zuschauer in Bundesliga-Stadien

„Ich bin ein großer Freund des Fußballs, aber in den Größen, in denen die Stadien jetzt besetzt sind, geht das nicht“, machte FDP-Chef Christian Lindner (42) am Sonntagabend in der ARD-Talkshow von Anne Will (55) deutlich. Er rechne damit, dass „einige Länder noch weitere rechtliche Möglichkeiten nutzen“. Regierungssprecher Steffen Seibert (61) schloss sich an: Es sei „ganz schwer zu verstehen“, wenn 50.000 Menschen in einem Stadion zusammenkommen, während anderenorts Weihnachtsmärkte geschlossen werden.

Fußballfans müssen sich zunächst auf kurzfristige Entscheidungen in der Zuschauer-Frage einstellen, womöglich droht ein ligaweiter Flickenteppich mit individuellen Regelungen für alle Standorte.

Sicher scheint aktuell nur, dass der Schnitt des vergangenen Wochenendes mit gerade einmal 18.000 Fans pro Bundesliga-Partie an den kommenden Spieltagen noch einmal nach unten gedrückt wird.